Den Toten ihre Namen geben | Verlesung der Namen
05.10.2015, ganztägig

Ehemaliger Aspangbahnhof | A-1030 Wien

10 Züge mit jeweils 1000 Wienerinnen und Wienern fuhren zwischen November 1941 und Oktober 1942 vom ehemaligen Aspangbahnhof in Wien in den sicheren Tod nach Weißrussland, nach Maly Trostinec bei Minsk. Alle Deportierten wurden – bis auf 15 Überlebende - sofort nach ihrer Ankunft in Maly Trostinec umgebracht, aus einem einzigen Grund: sie galten nach den Nürnberger Rassegesetzen als jüdisch.

Dazu Michael Häupl in "Maly Trostinec – Das Totenbuch" (Hrsg. Waltraud Barton):
[...] nirgendwo sind mehr Bürger und Bürgerinnen aus Wien als Opfer der Shoa ermordet worden als in diesem Ort in Weißrussland. Aus keiner anderen Stadt im gesamten Herrschaftsbereich der Nationalsozialisten sind so viele Menschen nach Minsk/Maly Trostinec deportiert und ermordet worden wie aus Wien. Die Nationalsozialisten haben in Maly Trostinec grauenvolle Verbrechen verübt. Nicht nur an rund 10.000 zwischen November 1941 und Oktober 1942 deportierten Wienern und Wienerinnen. [...]

An diese ermordeten Männer, Frauen und Kinder aus Wien – das jüngste Opfer war 7 Wochen alt – wurde gestern – am Jahrestag des letzten der 10 Transporte, der am 5.10.1941 abgefahren war, dort gedacht, wo sich einst der Aspangbahnhof befunden hatte – am Platz der Opfer der Deportation im dritten Wiener Gemeindebezirk.

Initiiert vom Verein IM-MER (Maly Trostinec erinnern) und seiner Gründerin Waltraud Barton wurden einen Tag lang die Namen aller 10 000 Ermordeten verlesen – von engagierten Wienerinnen und Wienern, von Verwandten der Opfer, ganzen Schulklassen, aber auch von Angehörigen, die dafür extra aus den USA, aus Kanada und Großbritannien angereist waren. Dazu Waltraud Barton: "Ich bin überwältigt, 250 Lebende haben heute den Toten für wenige Sekunden ihre Namen zurückgegeben. Es war beeindruckend und berührend. Was wir jetzt noch erreichen wollen, d.h. bis 2016/2017, ist, dass die Toten 75 Jahre nach ihrer Ermordung endlich ein Grabmal bekommen, auf dem jeder einzelne Name dauerhaft festgehalten ist. Und weil am 11. Oktober 2015 nicht nur in Weißrussland die Präsidentschaftswahl stattfanden, sondern auch die Gemeinderatswahlen in Wien, wollten wir mit dieser Aktion auch Bürgermeister Michael Häupl an sein am Heldenplatz am Internationalen Holocaustgedenktag (27. Jänner 2015) gegebenes Versprechen erinnern, dass die Stadt Wien den Ermordeten von Maly Trostinec ein würdiges Grabmal in Maly Trostinec errichten wird. Denn bis jetzt erinnert dort auch nach fast 75 Jahre nichts an die ermordeten Wienerinnen und Wiener."


Gedenken gibt "Toten ihre Namen"
wien.ORF.at | Oktober 2015
[zum link]

Film zur Namensverlesung, zur Verfügung gestellt von Renate Sassmann
[youtube]

Im Nachklang zu ihrer Teilnahme an der Buchpräsentation und der Ehrung der Namen gab das Ehepaar Binder Einblick in ein Attachment ihrer privaten E-mail-Korrespondenz innerhalb von Familie und Freundeskreis. Mit ihrem Einverständnis darf es hier auch dem IM-MER-Netzwerk zugänglich sein:
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Fotos: Klaus Prokop


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