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Initiative Malvine oder wie alles begann
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Eigentlich hatte ich mir zu meinem 50. Geburtstag im August 2009 ja nur einen Stein der Erinnerung gewünscht für Malvine Barton, die erste Frau meines Großvaters, die von den Nazis 1942 nach Maly Trostinec deportiert und dort ermordet worden ist. Wie auch meine Verwandten mütterlicherseits Victor, Rosa und Herta Ranzenhofer. Und ich wollte im Gedenken an Malvine Barton nach Maly Trostinec fahren in der Nähe von Minsk in Weißrussland.
Zu dem österreichischen Gedenkstein, den es dort ja sicher geben würde. Oder zu dem Mahnmal oder zu dem "Gedenkort" im weitesten Sinn. Ich habe mit Bestürzung und fassungslos erfahren müssen, dass es nichts dergleichen gab.
In Maly Trostinec erinnerte im Frühjahr 2009, als ich mich zum ersten Mal näher mit dem Gedanken an eine Gedenkreise befasste, NICHTS, absolut gar nichts an die über 10000 Österreicher und Österreicherinnen, die dort ermordet worden sind. Damit ist Maly Trostinec leider der Ort, an dem die meisten Österreicher und Österreicherinnen als Opfer der Shoa durch die Nazis getötet worden sind. Und dort gab es auch 64 Jahre später nichts, was an sie erinnerte. An über 10 000 Menschen, die als "Rassejuden" galten, und deswegen zwischen 1941 und 1942 aus Österreich verschwanden, nahezu alle übrigens aus Wien.
Ich habe dann im Frühjahr 2009 die Initiative Malvine ins Leben gerufen. Malvine, nach Malvine Barton, deren Vorname zusammengesetzt scheint zu sein aus der ersten Silbe des Ortes, an dem sie ermordet wurde und aus der ersten Silbe aus dem Ort, an dem sie geboren worden ist: Mal und Wien. Viele, viele Menschen haben unterschrieben – eine Petition, damit die Republik Österreich einen Gedenkstein in Maly Trostinec errichtet. Seit dem 18.September 2009 gibt es endlich so einen österreichischen Gedenkstein, leider (noch) nicht in Maly Trostinec selbst, aber in Minsk am Platz des ehemaligen jüdischen Ghettos. Und zu Pfingsten 2010 habe ich die erste Gedenkreise nach Maly Trostinec organisiert. Nicht für mich alleine, sondern für 15 andere. So viele wollten sich mir anschließen. Unbekannte, Fremde.
Um zum Ausdruck zu bringen, dass es nicht weiter meine Privatsache bleiben sollte und konnte, hatte ich einen Verein gegründet. Aus meiner Privatinitiative musste unser Anliegen werden, das aller Wiener und Wienerinnen: an die Mitbürger und Mitbürgerinnen zu erinnern, die "sang- und klanglos" in übergroßer Zahl zwischen 1941 und 1942 aus dieser Stadt verschwunden waren. Ich gründete diesen Verein bewusst am 8.März, dem internationalen Frauentag, denn die Ermordeten waren zum größten Teil Frauen gewesen, alleinstehende, ältere, ja alte Frauen. Vielleicht war ja auch deshalb ihr Verschwinden so "unauffällig" gewesen. Und nannte ihn IM-MER. IM: "Initiative Malvine" und MER "Maly Trostinec Erinnern".
Ich habe diese Reise alleine zu organisieren begonnen – viele haben sich mir angeschlossen. Und ich bin von dieser Reise mit "MitstreiterInnen" nach Wien zurückgekommen. Dem 6köpfigen Vorstand von IM-MER. Und mit der Gewißheit, dass ich nicht länger alleine bin. Denn seit ich in Minsk und in Maly Trostinec gewesen bin, kann ich nicht mehr nur von Malvine und meinen anderen Verwandten reden. Alle Menschen, die dort ermordet worden sind, haben ein Recht darauf, dass ihr Name und ihr Todesdatum bekannt wird. In der Geschichtswerkstatt in Minsk habe ich die Listen mit den Namen der dort ermordeten Deutschen gesehen. Keinen einzigen österreichischen. Das darf nicht länger so bleiben.
Wien, im August 2010 |
Waltraud Barton |
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Initiative Malvine – or how it all began
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All I actually wanted for my 50th birthday in August 2009 was a memorial stone for Malvine Barton, my grandfather’s first wife who was deported by the Nazis to Maly Trostinec and murdered there. And also for some relations on my mother’s side – Victor, Rosa and Herta Ranzenhofer. And, in memory of Malvine Barton, I wanted to travel to Maly Trostinec, a place in the vicinity of Minsk in White Russia.
To the Austrian commemorative stone that would surely be there. Or to the memorial. Or at the very least to the "memorial spot". I was shaken and stunned to find there was nothing of the sort.
In the spring of 2009 when, for the first time, I looked more closely into the idea of my memorial journey, there was NOTHING, absolutely nothing by which to remember the more than 10,000 Austrians who were murdered there. Despite the fact that Maly Trostinec is unfortunately the place where the majority of Austrian victims of the Shoah were killed by the Nazis. And, 64 years later, there was still nothing to remember them by. Nothing to remember more than 10,000 people, who were regarded as members of the "Jewish race" and so, between 1941 and 1942, disappeared from Austria – virtually all of them, by the way, from Vienna.
That is why, in the spring of 2009, I created Initiative Malvine. Malvine, after Malvine Barton, whose first name appears to be made up of the first syllable of the place where she was murdered and the first syllable of the place where she was born: Mal and Vienna [Wien]. A great many people signed a petition calling for the Austrian Republic to erect a memorial stone in Maly Trostinec. Since 18th September 2009, there has finally been such an Austrian memorial stone – sadly not (yet) in Maly Trostinec itself but in the square of the former ghetto in Minsk. And at Whitsun 2010 I organized the first memorial journey to Maly Trostinec. Not just for myself, but for 15 other people. So many wanted to join me. People I did not know, strangers.
I founded the organization to demonstrate that it should and could no longer remain my own private affair. Out of my private initiative, our concern had to develop into one for all Viennese people: to remember their fellow-citizens who, without ado, simply disappeared from this town in vast numbers between 1941 and 1942. I deliberately founded this organization on 8th March, International Women’s Day, because those murdered were in the main women – women living alone, elderly, even old women. Perhaps that was also why their disappearance was so inconspicuous. And I called it IM-MER. IM: "Initiative Malvine" and MER: "Maly Trostinec Erinnern" (Remembering Maly Trostinec).
I began to organize this journey alone, but many joined me. And I returned to Vienna from this journey with "comrades-in-arms". IM-MER’s committee of six. And with the certainty that I was no longer alone. Because, since I went to Minsk and Maly Trostinec, I can no longer speak only of Malvine and my other relatives. Everybody murdered there has the right to their names and dates of death being known. In the historical workshop in Minsk, I saw lists of names of the Germans murdered there. Not one single Austrian. That cannot be allowed to continue.
Vienna, August 2010 |
Waltraud Barton |
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